Buddhaverehrung der Superlative in Bago
17.02.2011 - 19.02.2011
32 °C
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Die Reiseroute
auf Daggi.Oli's Reise-Karte.
Nachdem wir aus Zeit- und gesundheitlichen Gründen an der Hauptattraktion der Gegend, dem Golden Rock, ein vergoldeter Felsen mit – man rät es kaum – einer Stupa darauf, vorbeigerauscht waren, verbringen wir die letzten beiden Nächte im Land in Bago.
Nur wenige Touristen steigen hier ab. Wir hatten es nicht wegen der zahllosen religiösen Stätten, die es gibt, ausgesucht, sondern wegen seiner Nähe zu Yangon. Der Bus fährt nur zwei Stunden, was bedeutet, dass wir die letzte Nacht vor unserem Abflug nicht nochmals in das Chaos der Großstadt müssen.
Wie schon erwähnt, haben wir inzwischen das Gefühl, alle, wirklich alle, Buddhastatuen und Pagoden dieser Welt gesehen zu haben. Deshalb bedauert es Oli auch überhaupt nicht, sich zwei volle Tage ins Bett zu legen, um seine Erkältung vollständig auszukurieren. Die nimmersatte Daggi erkundet in der Zwischenzeit auf eigene Faust das Terrain.
Am Abend versuche ich mir ein Fahrrad zu organisieren, um so auf eigene Faust die weitläufig verstreuten Sehenswürdigkeiten erkunden zu können. Da die touristische Infrastruktur wesentlich geringer ausgeprägt ist als in den Top-Attraktionen des Landes, werde ich erst nach einem 60-minütigem Fußmarsch und im fünften Gästehaus fündig, welches ich mit dem Versprechen, das Fahrrad am folgenden Morgen abholen zu können und einem Restaurant-Tipp verlasse. Vermutlich besitzt das chinesische Lokal als einziges eine englische Speisekarte.
Da wir zu viele Kyat übrig haben, freuen wir uns am nächsten Morgen über einen Rücktausch in Dollar durch unseren geschäftstüchtigen Taxifahrer, der uns bereits zum Hotel gebracht hatte. Abgesehen davon, dass eine Ausfuhr der Landeswährung verboten ist, taugen die Geldscheine außerhalb des Landes maximal zum Monopoly Spiel. Sein Angebot, mir ein Fahrrad zu besorgen, ohne vorher in die Stadt fahren zu müssen, nehme ich dankbar an. Leider ist nach einem frühen Mittagessen weder unser Taxifahrer noch das Fahrrad in Sicht. Für den Drahtesel aus dem anderen Gästehaus ist es auch zu spät und somit nehme ich bewaffnet mit einem Lonely-Planet-Stadtplan ein Sammel-Tuk-Tuk ins Zentrum. Schnell stelle ich fest, dass dem Stadtplan die nötige Detailtreue fehlt und schlage mich daher mit Zeichensprache durch. Die besorgten Mitfahrer fragen mich auf burmesisch nach meinem Ziel und deuten mir mit gefalteten Händen in Gebetsstellung den Weg zur nächstliegende Pagode.
Die Shwemawdaw Pagode gilt mit ihren 114 Metern als die höchste Pagode in Myanmar. Das über 1000 Jahre alte Denkmal ist aus der Ferne gut sichtbar und überragt alle anderen Gebäude wie der Blick von der Hintha Gon Pagode auf einem naheliegendem Hügel zeigt. Für mich ist es kaum vorstellbar, dass unterhalb des Palmenmeers ca. 250.000 Menschen wohnen sollen. Die Erklärung folgt auf dem Fuße, als mich mein Rückweg durch Viertel mit flachen Bretterverschlägen führt, die von oben durch die Bäume nicht zu sehen waren. Die höheren Betonbauten finden sich ausschließlich an den zwei Hauptstraßen.
Während einer kurzen Kaffeepause erfahre ich von einem Taxifahrer ein wenig mehr über die Lebensumstände, die vermutlich den Hintergrund solcher Siedlungen bilden. Das monatliche Lehrereinkommen in Höhe von 50.000 Kyat (45 Euro) seiner Frau wird fast vollständig in die Zusatzausbildung seines 16-jährigen Sohnes investiert. Als Taxifahrer least er zehn Monate lang für 45.000 Kyat monatlich sein Motorrad. Das bedeutet, er benötigt täglich über drei Fahrten, um keinen Verlust zu machen. Ein Großverdienst ist bei dem deutlichen Überangebot an Taxis nicht in Aussicht, jedoch bietet es ihm ein scheinbar geruhsames Leben und Zeit, sich mit Touristen wie mir zu unterhalten. Wegen des niedrigeren Stressfaktors und der geringeren Verantwortung zieht er dies seinem ehemaligen Job als Aufseher mit freier Kost und Logis bei einem Bergbauunternehmen mit einem monatlichen Verdienst von 90.000 Kyat vor.
Obwohl mein nächstes Ziel zwar die zweitgrößte liegende Buddha-Figur der Welt ist, wird mir vor allem der Weg dorthin in Erinnerung bleiben. Burmesinnen lieben es in Gruppen zu reisen und bemitleiden allein reisende Frauen. Nach Aussage einiger Reiseführer führt dies manchmal dazu, an der Hand genommen zu werden und eine Führung zu bekommen. Kaum habe ich Oli daheim gelassen und irre wieder in einem etwas ärmlichen Viertel über die Felder in Richtung der nächsten Pagodenspitze, sehe ich von weitem ein Ehepaar wild gestikulierend auf mich zukommt. Irgendwie verstehen wir uns. Ich versuche den Namen des Shwethalyaung-Buddhas korrekt auszusprechen und von den beiden wird eine Schlaf-Geste für den liegenden Buddha angedeutet. Mit einem zahnlosen Grinsen führt mich die Frau um unzählige Ecken und Pfade im Wirrwarr der Bretterverschläge zur Figur und scheint bei neugierigen Fragen der Nachbarn mit einem gewissen Stolz das Treffen mit mir auf dem Feld wiederzugeben. Ein weiterer Tag in Myanmar ist stärker durch Begegnungen mit Menschen als durch Sehenswürdigkeiten geprägt, obwohl natürlich auch die mit Edelsteinen besetzten Füße des Buddhas beeindrucken.
Nach diesen zwei Tagen ist auch Oli wieder reisefähig, rechtzeitig für den Abflug. Der Weg nach Yangon klappt reibungslos. Um sicher zu sein, fahren wir schon vormittags ab, obwohl unser Flug erst nach 18 Uhr geht und kommen entsprechend viel zu früh am Flughafen an. Dort gibt es keine Gepäckaufbewahrung. Die Ausreisesteuer in Höhe von zehn US Dollar oder 11.000 Kyat, was fast 14 US Dollar entspricht (der Staat möchte offenbar seine eigene Währung nicht haben), kann erst bezahlt werden, nachdem der Flug aufgerufen wurde.
Wir können also nichts weiter unternehmen, als im Restaurant gegenüber des Flughafengebäudes unsere verbleibenden Kyat zu verkonsumieren und zu warten. Schließlich ist es soweit. Nach exakt 28 Tagen verlassen wir das Land und fliegen nach Kuala Lumpur, wo eine Nacht am Flughafen auf uns wartet.
Die Zeit in Birma haben wir sehr genossen. Trotz der politischen Situation ist das Reisen im Land völlig unproblematisch. Einzig die Fortbewegung in Bussen kann wegen des desolaten Zustands der Straßen und Fahrzeuge vielleicht manches Mal ein wenig Energie und Geduld erfordern. Dennoch werden wir immer mit einem Lächeln an die vielen schönen Begegnungen mit der wirklich liebenswerten Bevölkerung zurückdenken.
Eingestellt von Daggi.Oli 16:36 Archiviert in Myanmar Tagged myanmar round_the_world birma bago shwethalyaung_buddha shwemawdaw_pagode Kommentare (2)